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Erbpacht als Gegengewicht zur Bodenspekulation?

Seit einigen Jahren erleben Mietende zunehmend ein böses Erwachen: Der um sich greifende Mangel an passendem Wohnraum führt zu regelrechten Mietpreisexplosionen – Erhöhungen flattern ins Haus, noch krasser ist es bei Neuvermietung: Selbst kleinste Wohneinheiten sind für viele Menschen, besonders in Ballungsräumen, nicht mehr erschwinglich. Der Staat ist gefragt, Abhilfe zu schaffen und für (mehr) bezahlbaren Wohnraum zu sorgen. Bietet das Erbbaurecht Auswege aus dem Dilemma?

Die Bundesregierung liegt hinter dem selbstgesteckten Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr weit zurück. Auch Bodenspekulation treibt die Immobilienpreise weiter in die Höhe, wodurch sich Wohnungsnot und Kostenexplosion zusätzlich verschärfen. Vor allem in großen Städten wie München, Berlin, Hamburg, Leipzig und Frankfurt verändern sich im Zuge dessen teils ganze Stadtviertel – wo alteingesessene Mieter:innen immer öfter weichen müssen, weil sie sich das Wohnen in ihrer Nachbarschaft nicht mehr leisten können. Dabei erlebt man oft in denselben Quartieren, dass potenzielles Bauland brachliegt – während sich der Bodenwert vervielfacht! Für Investoren ist es lukrativ, Wertsteigerungen über Jahre einfach passiv mitzunehmen, ohne mit dem Grundstück etwas anzufangen: Der Reichtum kommt hier sprichwörtlich im Schlaf. Das Nachsehen haben Menschen, denen Raum zum Wohnen fehlt. Denn selbst, wenn auf solch hochpreisigem Grund irgendwann doch mal Wohnungen entstehen, sind es häufig gehobene Prestigeobjekte, die am Bedarf vieler Familien hoffnungslos vorbeigehen und aus durchschnittlichen Verdiensten nicht finanzierbar sind.

Die Politik räumt Fehler der Vergangenheit ein: Etwa, dass kommunale Grundstücke verkauft oder bestehende Vorkaufsrechte von Bund, Städten und Gemeinden nicht ausgeübt wurden. Um ihre Haushaltskassen aufzubessern, hatten viele Kommunen Grundbesitz an Investoren verkauft. Doch selbst, wo dies unter der Auflage geschah, günstige Sozialwohnungen zu errichten, ist der Nutzen heute großenteils verpufft: Denn die Sozialbindungen waren in der Regel auf nur wenige Jahrzehnte begrenzt, sodass die betreffenden Wohnungen inzwischen rausgefallen und nun ebenfalls auf aktuellem Preisniveau vermarktet sind. Für den Staat erweist es sich rückblickend als Milchmädchenrechnung: Denn, was seinerzeit aus dem Liegenschaftsverkauf an Geld reingespült wurde, fließt nun großflächig in Form notwendiger Sozialleistungen wie Mietbeihilfen wieder ab.

Für die Zukunft möchte man solche Effekte vermeiden: Ein Lösungsansatz sind dabei Verträge nach dem Erbbaurecht, auch in Verbindung mit Stiftungskonzepten – z. B. ähnlich dem Modell amerikanischer „Community Land Trusts“. Es gibt unterschiedliche Gestaltungsformen, welche die Politik derzeit prüfend in Betracht zieht. Charakteristisch für die Erbpacht ist, dass Grundstück und Bebauung jeweils getrennte Eigentümer haben: So können die Grundstücke außer durch die Kommunen selbst z. B. auch über Stiftungen für gemeinnützige Wohnprojekte verwaltet werden. Stiftungen haben den Vorteil, dass sie in der Regel unauflösbar ihrem qua Satzung festgeschriebenen (üblicherweise gemeinnützigen) Zweck verpflichtet sind. Es sind rechtlich selbstständige Vermögensmassen ohne Eigentümer, die als „juristische Person“ in eigenem Namen handeln und der staatlichen Stiftungsaufsicht unterliegen. Vertreten werden sie z. B. durch ein Kuratorium mit Vorstand. Der Sinn dahinter ist, der Stiftung übertragenes Vermögen auf Dauer seinem definierten Zweck entsprechend zu erhalten – man könnte auch sagen: zu schützen: So können stiftungseigene Grundstücke – ungeachtet aller noch so verlockenden Wertsteigerungen am Immobilienmarkt – auf ewig unverkäuflich und damit der Spekulation entzogen bleiben.

Über einen Erbbauvertrag lässt sich im Sinne der Stiftung festlegen, wie mit Gebäuden – die sich auf den Grundstücken befinden oder darauf vorgesehen sind – zu verfahren ist. Diese gehören beim Erbpachtmodell nicht der Stiftung oder der Kommune: Eigentümer sind stattdessen z. B. soziale Träger, Wohn- und Baugenossenschaften, welche die Objekte getreu den Stiftungszielen erbbauvertragsgemäß finanzieren und nutzen: Eine Auflage kann so eben die Bereitstellung von Wohnraum mit günstiger Mietpreisbindung sein. Auch Vorgaben, die bei der Wohnungsvergabe einer Diskriminierung von Menschen mit niedrigem Einkommen, Migrationshintergrund oder sonstigen Merkmalen entgegenwirken, sind möglich. Wesentlich unterscheidet sich die zeitliche Dimension des Erbpacht-Konzepts von früheren ausgelaufenen Sozial- bzw. Mietpreisbindungsvereinbarungen mit Investoren: Denn Erbbauverträge können an die hundert Jahre binden – und dann je nach Vereinbarung auch in die Verlängerung gehen (andernfalls fallen die Gebäude gegen Entschädigung an den Grundstückseigner). Es handelt sich also um eine Konstellation, die darauf abzielt, Wohnraum für viele Generationen über die natürliche Lebenserwartung der Handelnden hinaus zu sichern – anstatt bereits nach zwanzig, dreißig Jahren wieder auszulaufen.

Für potenziell infrage kommende Erbbaurechtsnehmer ist der Kauf oder Bau eines Objekts in Erbpacht insbesondere dann interessant, wenn sie nur über geringe liquide Mittel verfügen: Denn schließlich müssen sie hier „nur“ den Preis für die Immobilie – ohne das Grundstück (!) – aufbringen. Angesichts dessen, dass heutzutage vor allem Grund und Boden Gegenstand von Immobilienspekulation und Preistreiberei sind, fällt gegenüber dem alternativen „Volleigentum“ gleich ein großer Batzen der Anschaffungskosten weg. Die Finanzierung erfordert weniger Eigenkapital, was in bestimmten Fällen das betreffende Projekt überhaupt möglich macht. Die vergleichsweise günstige Anschaffung bringt einhergehend auch den notwendigen Spielraum für die dauerhaft günstige Vermietung mit sich – denn hier müssen sich über die Mieten keine exorbitanten Bodenpreise mit amortisieren. Statt einem Kaufpreis fürs Grundstück ist für dessen Erbbau-Nutzung als Gebäudestandort eine dauerhafte Erbpacht (der sogenannte Erbbauzins) an den Grundstückseigner (die Kommune respektive die Stiftung) zu entrichten. Es fließt also fürs eingebrachte Grundstück auch wieder Geld zurück: Nur halt (generationsübergreifend) langsam, da kein Druck besteht, dies innerhalb eines möglichst kurzfristigen Gewinnerzielungszeitraums zu bewerkstelligen – denn hier stehen soziale Ziele im Vordergrund, keine Renditemaximierung. Nicht ungewöhnlich ist im Erbbaurecht – welches auch in weiteren (privaten) Bereichen zur Anwendung kommt – eine Erbpacht in Höhe von etwa vier bis sechs Prozent des beigemessenen Grundstückswerts. Einige Städte bieten die Erbpacht allerdings auch für deutlich unter zwei Prozent an, um noch attraktivere Anreize zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zu bieten.

Profitieren sollen von den Maßnahmen vor allem Menschen, die über den regulären Wohnungsmarkt kaum (noch) die Chance auf eine Wohnung (in ihrer Preislage) haben. So mögen solche Modelle tendenziell aber auch mithelfen, dass Menschen in ihren angestammten Wohnbezirken bleiben können – selbst wenn diese im Laufe der Jahre zu angesagten Szenevierteln geworden sind: Denn bemerkenswerterweise macht man in Kommunen mit vielen Erbbaurechten die langfristige Erfahrung, dass dortige Grundstückspreise insgesamt moderater steigen. Erbpacht kann sich auf den Anstieg von Wohn- und Baukosten demnach offenbar auch in der Breite bremsend auswirken.


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