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Bienenfresser

„Veronika, der Lenz ist (bei uns jetzt immer schon viel früher) da“: Wie sich Klimawandel auch in der Vogelwelt auswirkt

Die schon lange fortschreitenden klimatischen Veränderungen sind eine der großen Sorgen unserer Zeit. Immer öfter spüren wir auch hierzulande die Folgen in Form von Unwetterkata-strophen – Dürre und Starkregen wechseln sich ab, Stürme nehmen zu ... Dieser Wandel geht auch an der Tierwelt nicht spurlos vorüber: So passen viele Vögel zum Beispiel ihr Zug- und Brutverhalten an unsere gar nicht mehr so „kalte Jahreszeit“ mit frühem Frühlingsübergang an. Und wie so oft im Leben, gibt es auch hier Gewinner und Verlierer.

Viele Vogelarten brüten angesichts des oft schon eher einsetzenden Frühlingswetters zunehmend früher im Jahr – einhergehend mit ihrer Nahrungsquelle, der Pflanzen- und Insektenwelt, die bei warmen Temperaturen ebenfalls schon frühzeitiger zu neuem Leben erwacht. Auch kehren einige Vogelarten verfrüht aus ihren südlichen Winterquartieren zurück, wenn hierzulande die Milde lockt. Noch andere, die eigentlich klassische Zugvögel* sind, ändern ihr Verhalten dahingehend, dass manche Vertreter ihrer Art gar nicht erst die beschwerliche Reise gen Süden antreten. Adebar macht sich’s daheim gemütlich Einer dieser Zugvögel, den man immer öfter auch im Winter bei uns antrifft, ist der Weißstorch. Wegen seines freudigen Schnabelklapperns, das er zur Begrüßung von Artgenossen anstimmt, ist er vielen auch als „Klapperstorch“ bekannt. Einst bedrohte Population, erholt sich sein Bestand bei uns seit Ende der 1980er Jahre wieder erfreulich gut. In manchen Gebieten – meist in der Nähe von Gewässern – findet man inzwischen gleich mehrere Storchennester hoch oben in enger Nachbarschaft auf abgebrochenen Baumstümpfen. Auch auf eigens als Nisthilfen errichteten Stangen und Hausdächern trifft man sie an. Etwa ab Mai kann man meist die Aufzucht ihrer Jungen beobachten, bevor sie im August den Zug nach Afrika antreten. So war es zumindest einmal! Heute sagen sich einige Exemplare dieser Art oft: „Wozu in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?“ – und sparen sich die beschwerliche Reise einfach. Denn wie erfolgreich Störche beim Überleben und der Aufzucht ihrer Brut sind, hängt neben den Wetterverhältnissen auch vom Nahrungsangebot ab. Neben kleinen Nagern stehen größere Insekten, Schlangen, Fische und Frösche auf dem Speiseplan. Und diese Vielfalt findet sich inzwischen – angesichts milder Winter, in denen Böden und Gewässer immer seltener nachhaltig zufrieren – auch ganzjährig bei uns. Man kann den Storch insofern den Gewinnern des Klimawandels zuordnen – wenn auch die Wissenschaft noch unsicher ist, inwieweit ehemalige europäische Zuchtstationen ebenfalls für die Veränderung des Zugverhaltens ausschlaggebend gewesen sein könnten. Nachzulesen ist dies beim Bundesamt für Naturschutz. (verlinken: https://www.natur-und-landschaft.de/de/news/uberwinternde-weissstorche-keine-anpassung-an-klimawandel-106) Sum-Sum-Sum – der Bienenfresser fliegt jetzt auch bei uns wieder rum Ein anderer gefiederter Freund, der in jedem Fall als Gewinner des Klimawandels durchgeht, ist der äußerlich recht exotisch anmutende Bienenfresser. Der kleine bunt gefiederte Kerl mit dem sprechenden Namen – der sich neben Bienen übrigens gerne auch an anderen größeren Fluginsekten gütlich tut – weiß das zunehmend mildere Klima ganz klar für sich zu nutzen: Ursprünglich in Süd- und Osteuropa ansässig, hat er sein Verbreitungsgebiet inzwischen nach Norden ausgedehnt. So ist der einst in Deutschland als ausgestorben geltende rotbraun-gelb-blau-schwarz-weiße Piepmatz jetzt auch in hiesigen Regionen wieder ansässig. Besonders zur Freude vieler hessischer Vogelfreundinnen und -freunde zum Beispiel auch an der Bergstraße. Es ist so keck mit seinem Schopf der wunderschöne Wiedehopf Vogel des Jahres 2022: Dank seiner auffällig orange-braunen Federhaube mit schwarzen Spitzen, die ihm ein äußerst keckes Aussehen verleiht, sowie schwarz-weiß gestreiften Flügeln ist er gut zu erkennen. Als Langstreckenzieher unter den Zugvögeln sucht der Wettbewerbsgewinner sein Winterquartier südlich der Sahara auf – und ist ansonsten vorwiegend in Südwest-Europa sowie im nordwestlichen Afrika, Vorderasien und Arabien beheimatet. Die steigenden Temperaturen helfen ihm, auch in den offenen Landschaften bei uns wieder geeignete Brutgebiete zu finden – zumal seine Hauptnahrungsquelle, die Insekten, ebenfalls ein wärmeres Klima schätzen. Dem wärmeliebenden Insektenfresser spielt der Klimawandel bei uns also in die Karten. Doch diese Hilfe kann er auch gut gebrauchen – was bei seiner Nominierung für die Wahl zum Vogel des Jahres ebenfalls eine Rolle gespielt haben dürfte: Denn die raumgreifende Umwidmung von Weideflächen in Ackerland sowie der massive Pestizideinsatz in der Landwirtschaft, der das Seine zum Insektensterben getan hat, setzen dem Wiedehopf hierzulande sehr zu und haben – einhergehend mit dem in früheren Zeiten vergleichsweise feucht-kühleren Klima bei uns – zur Gefährdung seines Bestandes geführt. Dass seine Population heute hier wieder anwächst, schreiben Fachleute dem Klimawandel zu. Übrigens: Falls Sie Streuobstwiesen oder sonstiges Land besitzen, auf dem sich hohle Obstbäume befinden, können Sie dem Wiedehopf zusätzlich helfen, indem Sie diese nicht abholzen. Denn der kleine „Klimagewinner“ schätzt solche Plätze für seine Bruthöhlen. Mit ein bisschen Glück siedelt er sich dann auch bei Ihnen vielleicht bald (wieder) an! Wo Licht ist, ist auch Schatten – der Trauerschnäpper kann ein Lied davon pfeifen Er ist ein tragisches Beispiel für die Langstreckenzieher unter den Zugvögeln, zu denen beispielsweise auch der Kuckuck gehört, die genetisch bedingt den Startzeitpunkt für ihren Rückzug in die europäischen Brutgebiete weniger flexibel steuern können, als die im südlichen Europa überwinternden Kurzstreckenzieher, zum Beispiel Stare, Kraniche oder Kiebitze. Letztere können den Start ihres Rückfluges eher an den tatsächlichen Wetterverhältnissen ausrichten, was dem südlich der Sahara überwinternden Trauerschnäpper nicht möglich ist. Als Spätheimkehrer kommt er im wahrsten Sinne des Wortes immer öfter zu spät wieder im heimischen Brutgebiet an: Denn Nahrung (Fluginsekten) wie Brutplätze sind dann oft schon weg bzw. besetzt. Das kommt daher, dass aufgrund der früher im Jahr einsetzenden Temperaturanstiege auch die Insekten als Nahrungsquelle sich schon zeitiger entwickeln. Gleichermaßen brüten viele vor Ort überwinternde Standvögel (Link zum Zug- und Standvogeltext) bereits eher. Und dann kommen auch noch die früher heimgekehrten Kurzstreckenzieher sowie andere klassische Zugvögel, die wegen des milderen Klimas ihren Zug gar nicht erst angetreten haben, hinzu. Das Buffet ist also, wenn der Trauerschnäpper etwa im Mai eintrifft, bereits abgegrast – und viele Brutplätze schon weitreichend besetzt. Aus diesem Grund kann man ihn sehr sinnvoll auch mit Nistkästen unterstützen. Hat der kleine schwarz-grau-braun gefiederte Vogel also seine gefährliche Reise aus Afrika hierher glücklich überlebt – was immer weniger eine Selbstverständlichkeit ist, denn aufgrund der zunehmenden Ausbreitung von Wüstengebieten, die es zu überfliegen gilt, reichen seine Energiereserven mitunter nicht mehr aus –, ist er bei seiner Ankunft immer häufiger nicht nur nahrungs-, sondern auch noch obdachlos. Also ein klarer Klimaverlierer! Dieses Schicksal teilt er noch mit einigen anderen Vögeln, wie zum Beispiel dem kleinen Gartenrotschwanz. Es ist Zeit, zu handeln! Den hier geschilderten Vogelarten könnten noch zahlreiche hinzugefügt werden, auf die sich der Klimawandel auswirkt. Es sind nur einige Beispiele (evtl. verlinken: https://www.ndr.de/ratgeber/klimawandel/Interview-Wie-beeinflusst-der-Klimawandel-die-Vogelwelt,voegel350.html) dafür, wie die sich ändernden Klimafaktoren auch die hiesige Natur immer mehr beeinflussen und naturgegebene Abläufe durcheinander bringen. Mit gravierenden Folgen für das ganze System und damit für uns alle! Denn jede Art ist in ihrem Lebensraum wichtig. Stirbt eine einzelne Art aus oder ändert ihr Verhalten, zieht das auch für die anderen unmittelbare Konsequenzen nach sich. Genau deshalb ist es so wichtig, auf Zusammenhänge hinzuweisen und ein Umdenken anzuregen. Auch die Empfehlung nachhaltig orientierter Geldanlagen oder einzelne Initiativen, wie die Freudepunkte-Aktion der Sparda-Bank Hessen, in deren Zuge während der Herbstwochen 2021 symbolisch kleine Tütchen mit NABU- und LBV-zertifiziertem Bio-Streufutter für Gartenvögel ausgegeben werden, sind in diesem Sinne Mosaiksteine: für Verbesserungen und zur Schaffung eines verstärkten Bewusstseins, für den Zustand und Bedürfnisse der Welt, in der wir alle leben. * Im vorangegangenen Magazinartikel „Kuck mal, wer da piept“ finden sich weitere Informationen hinsichtlich der Klassifizierung unterschiedlicher Vögel als Zug- Stand oder Strichvogel.

Weissstoerche
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