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Im Rahmen des gesellschaftlichen Engagements fördert die Sparda-Bank Hessen über Aktionen, Spenden und Sponsoring auch eine Vielzahl kultureller Veranstaltungen. Seit nunmehr 12 Jahren gehören die Südhessischen Kabarettnächte ebenfalls dazu. Wie der Kulturszene insgesamt, machen auch dieser Veranstaltungsreihe die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie schwer zu schaffen. „Wenn es noch ein Jahr so weiter geht, wird es die Vielfalt von Veranstaltern und Künstlern, wie wir sie kennen, nicht mehr geben“, sagt Michael Ihringer. Im Interview gewährt uns der Vorstandsvorsitzende des Fördervereins Kabarett und Chanson e.V. tieferen Einblick hinter die Kulissen.
SpardaMagazin: Die aktuellen Proteste – beispielsweise unter dem Motto „Alarmstufe Rot“ vor dem Berliner Bundestag – machen deutlich, wie schwer Kulturschaffende es derzeit haben. Wie ergeht es Ihnen mit den Südhessischen Kabarettnächten?
Michael Ihringer (MI): Den Kabarettnächten geht es überhaupt nicht gut, seit März werden die Veranstaltungen sukzessive abgesagt. Als ehrenamtlicher Förderverein sind wir gefordert, die Künstler zu unterstützen und die Veranstaltungen umzuplanen. Denn die wirklichen Probleme haben natürlich nicht wir.
Sondern?
MI: Viel schlimmer trifft die Krise eben die Künstler und Veranstalter. Die sich ständig ändernden Vorschriften und Hygieneregeln machen eine längerfristige Planung nahezu unmöglich, da man sich entwicklungsabhängig jedes Mal ad hoc von heute auf morgen neu darauf einstellen muss. So hätte die Veranstaltung mit Sia Korthaus* in der Kelterscheune Urberach* zum Beispiel ohnehin schon nur noch mit 40 statt normalerweise 80 Plätzen besetzt werden dürfen – fiel dann aber am Ende trotzdem aus, weil die Räumlichkeiten den Regularien für den Bewegungsverkehr nicht gerecht wurden. Die Treburer Theater Tage* wiederum wurden abgesagt, weil es nicht sinnvoll möglich war, ein tragfähiges Hygienekonzept für ein einmaliges Festival umzusetzen.
Welche konkreten Anforderungen müssen Veranstalter derzeit erfüllen?
MI: Es müssen Abstandsregeln eingehalten und eine bestimmte Quadratmeterzahl pro Besucher gewährleistet werden. Allein das stellt schon ein enormes wirtschaftliches Problem dar – denn wenn irgendwann nur noch ein Drittel der Plätze besetzt ist, lohnt sich das Ganze auch nicht mehr. Also wechselt man wo möglich in größere Räume, die dann nur zu einem Bruchteil ausgelastet sind. Auch darf nur noch maximal 90 Minuten ohne Pause gespielt werden, um den Bewegungsverkehr – beispielsweise Toilettengänge – aufs Notwendigste zu begrenzen. Die Veranstalter haben viel investiert, etwa durch den Einbau von Plexiglaswänden, und jetzt besteht auch noch Maskenpflicht am Platz. Das führt dann zu zusätzlichen Einnahmeverlusten beim Verzehr. Und Stimmung kommt mit so wenigen Zuschauern natürlich auch kaum noch auf.
Darüber hinaus sind die Veranstalter bei der vorschriftsmäßigen Umsetzung von Maßnahmen ziemlich auf sich gestellt: Sie müssen ein Hygienekonzept aufstellen – doch es erfolgt keine offizielle Abnahme, die Ihnen bestätigt, dass alles in Ordnung ist. Somit bleiben sie auf einem Haftungsrisiko sitzen. Und vor allen Dingen geraten immer mehr Veranstalter auch in ein Cash-Flow-Problem.
Was meinen Sie denn damit?
MI: Eintrittskarten gehen meist über den Vorverkauf. Wird eine Veranstaltung abgesagt, wollen die Leute selbstverständlich ihr Geld zurück. Der Aufwand für die geplante Veranstaltung ist aber in der Regel bereits erbracht. Seit März ist man permanent damit beschäftigt, Termine zu verschieben – zunächst auf den Herbst, dann ins kommende Jahr, und inzwischen wird auch da schon wieder abgesagt. Doch ähnlich wie im Hotel- und Gaststättengewerbe sind die Einnahmen für ein heute abgesagtes Arrangement unwiederbringlich verloren – selbst wenn Termine ‚nur‘ verschoben werden. Denn zum Ersatztermin würden normalerweise ja schon wieder neue Veranstaltungen stattfinden. Natürlich betrifft das die Künstler ebenso: Die müssen ja heute auch von etwas leben, nicht erst im kommenden Jahr.
Und wie sieht es mit staatlicher Unterstützung aus?
MI: Die öffentlichen Proteste zeigen ja, wie schwierig es ist. Zwar gab es staatliche Überbrückungshilfe für die Fixkosten. Bei den Veranstaltern hat das die Not teilweise auch etwas gelindert, dort fallen ja Betriebskosten an. Aber eben nicht bei den ganzen Solo-Selbstständigen, aus denen die Branche ja größtenteils besteht.
Besonders hart trifft es Künstler, die von ihren Auftritten leben müssen. Gleiches gilt für Bühnentechniker, Co-Repetitoren, Maskenbilder, Künstleragenten und alle, die da sonst noch mit dranhängen. Wenn eine Veranstaltung verschoben wird, fehlen Ihnen die Einnahmen schlicht und einfach für den Lebensunterhalt. Und da staatliche Hilfsprogramme sich bislang vor allem auf „Betriebsmittel“ beziehen – die ohne Auftritte ja nahezu überhaupt keine Rolle spielen – bleibt hier natürlich auch nichts hängen. Glücklich, wer da noch andere berufliche Möglichkeiten auftun kann, um sich über Wasser zu halten.
Was bietet der Staat für diese Gruppe an?
MI: Einen erleichterten Zugang zum Arbeitslosengeld II, also zu 'Hartz IV'. Doch um dieses zu erhalten, müssen Betroffene zunächst einmal ihre Rücklagen – sprich: die Altersvorsorge – aufbrauchen. Ein weiteres Problem, da Solo-Selbstständige in der Regel ja nicht gesetzlich rentenversichert sind.
Sehen Sie eine Alternative – falls ja: welche?
MI: Ausfallhonorare. Das ist das Einzige, was den Künstlern helfen kann. Auch rein rechtlich halte ich das für den korrekten Weg, denn die Ausfälle sind bedingt durch höhere Gewalt. Im europäischen Vergleich finden sich solche sinnvollen Ansätze: In verschiedenen Ländern erhalten Kulturschaffende eine Unterstützung, die sich an ihren Honoraren bzw. Buchungen der letzten Jahre orientiert. Das wäre auch für uns ein Ansatz. Bislang kam da allerdings bei uns von staatlicher Seite – zumindest rückblickend – noch nichts.
Umso schöner ist es, wenn Unternehmen – wie die Sparda-Bank Hessen beispielsweise über Spenden ihres Gewinn-Sparvereins – helfen. An dieser Stelle deshalb nochmals mein ausdrücklicher Dank für die Sparda-Förderung! Als Förderverein geben wir diese an die Betroffenen weiter – das Geld ist wirklich gut angekommen und hat sehr geholfen!
Vielen Dank für diese Schilderung der Situation. Manch einem außerhalb Ihrer Branche war das bislang vermutlich im Detail noch gar nicht so bewusst. Möchten Sie abschließend noch einen Wunsch äußern?
MI: Ja gerne. Insgesamt würde ich mir von der Politik mehr Gleichbehandlung im Vergleich zu anderen Branchen wünschen. Beispielsweise ist es für mich nicht nachvollziehbar, warum Menschen in einem Airbus dicht an dicht beieinander sitzen dürfen – im Theater aber nicht. Dazu heißt es ja immer, an Bord wäre es eben durch den technischen Fortschritt – zum Beispiel den Einsatz von HEPA-Filtern oder Ähnlichem – sicher.
Da könnte man dann etwas ketzerisch fragen, ob man nicht in den ohnehin stillgelegten Flugzeugen Theater spielen könnte. Oder ob einem die Kultur im Land der Dichter und Denker auch etwas wert ist. Hier jetzt nachhaltig zu investieren, beispielsweise in gute Lüftungsanlagen, wäre im Übrigen auch für die Zeit nach 'Corona' noch eine sinnvolle Lösung – denn man muss sich ja auch mal überlegen, wie es dann weitergehen soll. Umso mehr, als die Veranstaltungsbranche ja nicht 'nur' der Unterhaltung dient, sondern auch einer der größten Arbeitgeber Deutschlands und damit ein bedeutender Konjunkturmotor und Wirtschaftsfaktor ist.**
Damit wir uns nicht missverstehen: Niemand in der Branche leugnet 'Corona'. Aber wenn man die entsprechenden Hygienevorschriften einhält, ist ein Theater ein sicherer Ort!
Ein Schlusswort, das zumindest in dieser Hinsicht Mut machen kann. Herr Ihringer, vielen Dank für das Gespräch!
Ergänzende Informationen:
**Zur gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der Veranstaltungsbranche hat die Interessengemeinschaft Veranstaltungswirtschaft (IGVW) eine Meta-Studie in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse finden Sie hier zum Download *.
Wer darüber hinaus gerne noch etwas mehr über das gesellschaftliche Engagement der Sparda-Bank Hessen erfahren möchte, findet entsprechende Informationen auf unserer Homepage.
Alles zu den aktuellen Entwicklungen und Programminhalten der Südhessischen Kabarettnächte erfahren Interessierte unter: www.kabarettnaechte.de *
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